Urgetreide
Download als PDF:
urgetreide_2018_1.pdfUrgetreide
Sie sind nährstoffreicher und verträglicher als z.B. Weizen: Urgetreide wie Einkorn, Emmer oder Kamut erfreuen sich im Biobereich wachsender Beliebtheit. Aber auch bislang unbekannte Sorten, wie z.B. Rotkornweizen verdienen es, dass man sich für sie einsetzt.
Was sind Urgetreide?
Gemeinhin als Urkorn bezeichnet werden Einkorn, Emmer und Kamut. Aber auch Dinkel zählt als ursprüngliche Getreideart. Sie entstammen alle einer großen Familie, genauso wie das noch wenig bekannte Rotkorn. Zu dieser Familie gehört auch der heute weit verbreitete Weizen. Auch die Gerste gehört als älteste Getreideart überhaupt in die Kategorie „Urgetreide“.
Allen Urkornarten gemeinsam ist, dass sie bis heute in ihren typischen Merkmalen, ihrer Nährstoffzusammensetzung und in ihrer Verträglichkeit weitgehend unverfälscht erhalten geblieben sind. Das bedeutet aber nicht, dass sie züchterisch nicht bearbeitet wurden. Beim Weizen hat die Züchtung über Jahrzehnte in das Wesen der Pflanze eingegriffen, mit dem alleinigen Ziel, den Ertrag und die Toleranz gegenüber Pestiziden zu steigern. Die Urgetreidearten sind erst in jüngster Zeit von Biozüchter:innen wiederentdeckt worden und deshalb unverfälscht geblieben. Hauptsächliches Ziel der Züchter:innen war es hier, die typischen Eigenschaften der Pflanzen zu erhalten und sie gleichzeitig fit zu machen, dass sie mit den veränderten Klima- und Umweltbedingen zurecht kommt.
Im Anbau sind die Urgetreide dennoch empfindlich und der Ertrag bleibt weit hinter dem von Weizen zurück. Dies zeigt sich am Preis der Produkte.
Herkunft
Wie alle Getreidearten haben auch die Urgetreide ihre Wurzeln im östlichen Mittelmeerraum in dem Gebiet zwischen Mittelmeer und Persischem Golf. Dort begannen vor rund 10.000 Jahren die Menschen sesshaft zu werden. Der Anbau und die Lagerung von Getreide haben maßgeblich dazu beigetragen. Über die Jahrtausende haben sich von hier aus verschiedene Zweige der „Weizenfamilie“ entwickelt.
Noch im vergangenen Jahrhundert gab es innerhalb dieser Familie eine große Vielfalt - neben Einkorn, Emmer und Kamut als relativ eigenständigen Arten auch unzählige Weizenvarianten mit und ohne Grannen oder in allen Farben von Gelb über Braun bis hin zu einem dunklen Rot.
Einkorn
Einkorn gehört zu den ältesten Getreidearten überhaupt. An jedem Glied seiner Ährenspindel befindet sich nur ein Korn. Diese Besonderheit gibt dem Getreide seinen Namen.
Gegenüber dem Boden ist Einkorn relativ anspruchslos. Er wächst auch auf nährstoffärmeren oder trockeneren Standorten. Im Frühjahr erfordert das Getreide eine aufwändige Unkrautbekämpfung, denn die Reihen schließen sich erst spät. Auch brauchen die Landwirt:innen Fingerspitzengefühl, um den optimalen Erntezeitpunkt zu finden. Wartet er zu lange, wird die Ährenspindel spröde und die Körner fallen auf den Boden.
Emmer
Wie Einkorn ist auch Emmer ein Spelzgetreide. In einem zusätzlichen Arbeitsschritt wird der Spelz mechanisch entfernt. Schon Julius Cäsar soll das Korn aus dem Orient nach
Italien gebracht haben. Mit trockenen und mageren Böden kommt Emmer gut zurecht. Da beim Emmer pro Ährenspindel zwei Körner wachsen, wird er auch „Zweikorn“ genannt. Heute kennen wir eine große Vielfalt an Emmersorten von hellem Gelb bis zu dunklem Braun. Die Körner des Emmers ähneln dem Dinkel, so findet er in den letzten Jahren auch mehr und mehr Verwendung bei Bio-Bäcker:innen.
Khorasan Weizen - besser bekannt als Kamut®
Seit seiner Wiederentdeckung vor rund 80 Jahren ranken sich zahlreiche Legenden um den Khorasan Weizen. Das Korn soll im Grab eines Pharaonen gefunden worden sein. Auffällig sind die besonders großen Körner mit einem besonders hohen Eiweißgehalt.
Eine kanadische Initiative hat das Getreide unter dem Namen Kamut® schützen lassen und sich für seine Verwendung eingesetzt. Als Kamut® darf nur Getreide angeboten werden, das in Kanada und in einem begrenzten Gebiet in Nordamerika biologisch angebaut wird.
Rotkornweizen
Von der großen Fülle an Farbvarianten, die es ursprünglich bei Weizen gab - von hellem Gelb bis zum dunklen Weinrot - hat sich die konventionelle Züchtung im Laufe der letzten Jahre auf eine bräunliche Art konzentriert, die ursprünglichen Varietäten gerieten in Vergessenheit. Der biodynamischen Züchtung und ihrem Engagement für die Biodiversität ist es zu verdanken, dass nun der Rotkornweizen wiederentdeckt wurde. Dank der Anthozyane im Samenhäutchen sind die Körner nicht nur optisch besonders interessant, sondern sie besitzen zudem einen gesundheitlichen Mehrwert. Die Sorte „Roter Älpler“ wird seit Kurzem auf dem biodynamischen Rahlenhof in Ravensburg angebaut und bei uns in der Spielberger Mühle verarbeitet.
Ernährungsphysiologische Bedeutung
Alle Urgetreide besitzen mehr Mineralstoffe und Eiweiße als z.B. Weizen. Insbesondere Magnesium, Zink und Eisen spielen hier eine Rolle, ebenso wie Carotinoide. Urgetreide wird von empfindlichen Menschen besser vertragen. Da alle Urgetreidearten jedoch glutenhaltig sind, eignen sie sich nicht für Menschen mit Zöliakie.
Verwendung
Alle oben aufgeführten Urgetreidearten sind mit dem Weizen verwandt und können deshalb ähnlich verwendet werden. Als ganzes Korn können sie gekocht werden wie Naturreis. Besonders Emmer stellt hier eine echte Bereicherung auf dem Speiseplan dar. Als Mehl besitzen die Urgetreide unterschiedliche Backeigenschaften. Während Rotkorn sehr ähnlich wie Weizen zu verwenden ist, hat Einkorn einen sehr weichen Kleber. Brote sollten deshalb immer in einer Backform gebacken werden. Emmer dagegen hat einen sehr straffen Kleber, was zu geringem Volumen führen kann. Dank geeigneter Rezepturen und entsprechender Teigführung lassen sich jedoch hervorragende Backwaren erzeugen. Kamut® und Emmer eignen sich darüber hinaus dank ihrer härteren Körner sehr gut, um daraus Teigwaren herzustellen.
Vielfalt auf dem Acker
Urgetreide tragen maßgeblich dazu bei, die Biodiversität in unserer Landschaft zu erhalten. In ihren Ansprüchen sind sie ideal für den Bioanbau geeignet.